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Anlaufstelle, für Männer* und TIN*, die in Kindheit, Jugend oder als Erwachsene sexualisierter Gewalt ausgesetzt waren

© 2015 Tauwetter e.V.

Die Entstehung aus der ersten Selbsthilfegruppe

Bereits 1991 gründete sich eine erste Selbsthilfegruppe von Männern*, die in Kindheit oder Jugend sexualisierter Gewalt ausgesetzt waren. In diese Gruppe gingen auch Reste einer angeleiteten Selbsthilfegruppe aus dem damaligen Männerberatungszentrum Mannege auf. Die Gruppe suchte Räume für ihre Treffen und fand diese nach längerer Suche im Gesundheitsladen Berlin e.V. im Mehringhof.

Im April 1995 begann unter dem Dach des Gesundheitsladens Berlin e.V. von einem Selbsthilfegruppenmitglied ein erster Versuch zur Einrichtung einer Beratungsstelle für betroffene Männer mit dem Namen „Anti-Ödipus". Im Sommer kamen weitere Männer* aus der Selbsthilfegruppe dazu und der Name wurde in Tauwetter geändert.

Der Grundgedanke

Der Grundgedanke war ganz einfach:

  • Durch einen Anlaufpunkt und das Weitergeben von bisherigen Gruppenerfahrungen neuen Männern* die Bildung von Selbsthilfegruppen zu erleichtern
  • Die guten Erfahrungen aus der Selbsthilfe, die dort erworbenen Fähigkeiten und das Wissen an andere Männer* in Beratungen weiter zu geben. Dabei gingen wir davon aus, dass wir im Grunde im Gespräch nichts anderes machen würden, als schon in der Selbsthilfe:
    • Zuhören (ohne in die eigene Geschichte ab zu kippen)
    • Nachfragen (ohne auszufragen)
    • Erzählen, wie es mir selbst mit diesem Problem ergangen ist und welche Lösungswege ich gefunden habe (ohne die eigene Geschichte dem anderen über zu stülpen)
    • Eigene Erfahrungen und Wissen dem Anderen zur Verfügung stellen (ohne dem Anderen Anweisungen zu erteilen)

Diese beiden Bereiche, Selbsthilfe und Beratung, sind bis heute unsere Kerntätigkeit und die damals entwickelte Haltung der Beratung auf Augenhöhe haben wir zum betroffenenkontrollierten Ansatz weiter entwickelt.

Vereinsgründung

Im Jahr 1999 hat sich Tauwetter vom Dach des Gesundheitsladens gelöst und es ist ein eigenständiger Verein gegründet worden: „Tauwetter, vereint gegen sexualisierte Gewalt e.V."  Der Verein hat die Trägerschaft für die Anlaufstelle übernommen, ist für die Antragstellung zuständig, kontrolliert die Tätigkeiten der Anlaufstelle und hat daneben noch einige eigene Angebote.

Die Anlaufstelle

Die Tätigkeiten der Anlaufstelle lassen sich in drei Hauptbereiche unterteilen:

  • Die direkte Unterstützung von Betroffenen und ihren Angehörigen
  • Die Unterstützung von beruflich mit dem Thema Konfrontierten durch Stand-by-Expertise
  • Das Voranbringen des Themas sexualisierte Gewalt in der Öffentlichkeit, auch „Boost" genannt.

Die direkte Unterstützung von Betroffenen und ihren Angehörigen

Diese Arbeit ist im Grunde der Kern der Arbeit der Anlaufstelle. Bei Tauwetter ist es möglich, Fragen los zu werden, oder auch einfach mal zu erzählen, um sich so zu sortieren. Dazu stehen die Berater*innen für Gespräche am Telefon oder nach Terminvereinbarung persönlich vor Ort zur Verfügung. Beratung ist aber auch per mail möglich.

Es ist des Weiteren möglich, nach einem Vorgespräch, an einer Selbsthilfegruppe teilzunehmen und dort andere zu treffen, die sich in ähnlichen Situationen befinden, um sich mit ihnen auszutauschen.

Stand-by-Expertise für beruflich mit dem Thema Konfrontierte

Natürlich haben aber nicht nur Betroffene und Angehörige Fragen zum Thema. Beruflich im Hilfesystem Beschäftigte sind oftmals mit der Tatsache konfrontiert, dass sie in ihrer Ausbildung in ihren eigenen Augen zu wenig über sexualisierte Gewalt im Allgemeinen und männliche* Betroffene insbesondere erfahren haben. Das geht auch ausgebildeten Traumatherapeut*innen so, denn die Traumatherapie ist in ja leider geschlechtsblind.

Gleichzeitig ist es so, dass wir in der Anlaufstelle weder alle Betroffenen beraten können, noch, dass wir für alle die richtigen Ansprechpartner*innen sind. Für manche steht z.B. eine Drogenproblematik im Vordergrund, für jemand anders ist das schon gewachsene Vertrauensverhältnis zu einer Person von zentraler Bedeutung, für dritte ist das Thema eigene Gewalterfahrungen nur ein Unterpunkt in einer Erziehungsberatung, in die sie wegen Problemen mit den eigenen Kindern gehen.

Um es für Professionelle einfacher zu machen, mit den sexuellen Gewaltwiderfahrnissen ihrer jeweiligen Nutzer*innen umzugehen, versuchen wir sie dadurch zu unterstützen, dass wir Expertise bereit stellen, die sie im Bedarfsfall abrufen können – eine Stand-by-Expertise. Das kann z.B. in Form einer Fachberatung geschehen.

Gleichzeitig organisieren wir aber auch die „Berliner Fachrunde gegen sexuellen Missbrauch an Mädchen und Jungen" mit. Hier finden vierteljährlich Plenumssitzungen statt, in denen über aktuelle Diskussionen und neue Entwicklungen im Themenfeld berichtet wird. Zusätzlich gibt es regelmäßige Sitzungen von Arbeitsgruppen wie „Beratung & Therapie", „Recht" „Prävention" oder "Diversity". Die Plenumssitzungen und die Arbeitsgruppen stehen allen Interessierten offen. Interessent*innen tragen sich bitte auf der Website der Berliner Fachrunde ein, sie werden dann informiert.

Darüber hinaus veranstalten wir in unregelmäßigen Abständen Informationsveranstaltungen zu verschiedenen Aspekten sexualisierter Gewalt. Interessent*innen können sich über den Bereich Aktuelles auf unserer Website informieren oder unseren Newsletter abonieren.

Weitergehende Angebote wie Fortbildungen werden vom Verein organisiert.

Boost

Das Thema sexualisierte Gewalt, und dabei insbesondere das Thema sexualisierte Gewalt gegen Jungen* und männliche* Jugendliche, ist nach wie vor eins, das abwechselnd skandalisiert und dann verschwiegen wird. Das führt dazu, dass viele Zerrbilder über die Realität und das Ausmaß existieren. Abwechselnd wird davon ausgegangen, dass sexualisierte Gewalt heute fast jedem Kind widerfährt und bald darauf wird eingeschätzt, dass das alles übertrieben und extrem selten ist. Im einen Moment wird davon ausgegangen, dass fast jeder Vater oder jeder Pädagoge ein Täter ist, im nächsten wird behauptet, die Täter wären nur eine kleine Gruppe psychisch Kranker.

Im Endeffekt verhindert diese Wellenbewegung eine sachliche und vor allem kontinuierliche Auseinandersetzung. Voraussetzung für eine effektive Unterstützung von Betroffenen und oftmals auch Voraussetzung für eine erfolgreiche Hilfesuche betroffener Männer* ist aber genau eine solche sachliche und kontinuierliche Auseinandersetzung.

Um dies zu ermöglichen ist es notwendig, dass spezialisierte Fachstellen auf Dauer in der Öffentlichkeit sichtbar sind und dazu beitragen, die Diskussion zu beruhigen und zu verstetigen. Das ist eine Aufgabe, die die Möglichkeiten des restlichen Hilfesystems übersteigt, denn das hat weitaus mehr Themen zu bewältigen – sie muss von den spezialisierten Fachstellen übernommen werden. In unserem Falle kommt noch eine Erfahrung hinzu: Für betroffene Männer* und beruflich mit dem Thema konfrontierte reicht es nicht, dass sexualisierte Gewalt allgemein thematisiert wird, es braucht eine Sichtbarkeit von sexualisierter Gewalt gegen männliche* Betroffene – und natürlich der dafür zuständigen Fachstellen. Dieses Einmischen in die öffentliche Diskussion geht über das reine Informieren über die Angebote einer Fachstelle hinaus. Und diese Tätigkeit wird als Boost bezeichnet.

Die Anlaufstelle versucht durch eine offensive Pressearbeit, Presseerklärungen und Interviews, aber auch durch Informationsveranstaltungen, Diskussionsbeiträge und Hintergrundgespräche diesen Boost zu leisten.

Letzter Eintrag 06.03.2024

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