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Anlaufstelle, für Männer* und TIN*, die in Kindheit, Jugend oder als Erwachsene sexualisierter Gewalt ausgesetzt waren

© 2015 Tauwetter e.V.

Achtung diese Seite muss grundlegend überarbeitet werden, Sie betrifft nur noch "alte Anträge" die vor dem Inkrafttreten des neuen Sozialen Entschädigungsrechtes (Buch 14) am 1.1.2024 gestellt wurden.

Zum neuen Sozialen Entschädigungsrecht XIV gibt es eine gut zu lesende Broschüre der Bundeskoordinierung Spezialisierter Fachberatungstellen, des Bundesverbands Frauenberatungsstelle und Frauennotrufe und des Bundesweiten Koordinierungskreises gegen Menschenhandel.

Was ist das Opferentschädigungsgesetz

Das Opferentschädigungsgesetz regelt, wann Opfer von Straftaten vom Staat Geld oder Sachleitungen bekommen. Dahinter steckt der Gedanke, dass, wenn es dem Staat nicht gelingt, Bürger vor Straftaten zu schützen, wenigstens die Betroffenen Unterstützung erfahren sollen. Vorausgegangen sind gesetzliche Regelungen für „Kriegsopfer" und ihre Hinterbliebenen (also die berühmten „Wilmersdorfer Witwen" aus dem Grips-Theater). Aus dieser Zeit stammt auch die Orientierung auf Heilbehandlung und Rentenzahlung. Zur Zeit (Sommer 2015) wird überlegt, wie das Gesetz geändert werden soll.

Das Opferentschädigungsgesetz gilt auch für sexualisierte Gewalt. Es ist also für Betroffene sexualisierter Gewalt möglich einen Antrag auf Leistungen nach dem OEG (Opferentschädigungsgesetz) zu stellen. Unter bestimmten Umständen wird dieser Antrag auch positiv beschieden.

Was sind die Bedingungen für Leistungen?

  • Vorliegen einer Straftat: Es muss eine Straftat vorliegen. Und hier beginnt gleich das erste Problem. Wegen dieser Orientierung auf eine Straftat richten sich zuständige Behörden öfter als Erstes nach dem Strafverfahren. Wenn ein solches nicht stattgefunden hat, wird es schwierig. Dann braucht es nämlich genau genommen Beweise, die für eine Verurteilung ausreichen würden. Das ist bei sexualisierter Gewalt in der Kindheit oft die größte Hürde. Hier helfen schriftliche Zeugenaussagen, eventuell in Jugendämtern, Schulen oder Einrichtungen noch vorhandene Unterlagen oder anderes weiter. Je nachdem, wie viel Beweise ich vorbringen kann, muss ich zusätzlich noch zu einem Gutachter. Das ist unter Umständen sehr belastend, denn das Arbeitsprinzip von Gutachtern ist, dass sie erst mal davon ausgehen, dass ich lüge und dann versuchen, dass zu widerlegen. Wenn ich gar keine Beweise besorgen kann, wird es richtig schwierig. Es ist immer sinnvoll, vor einem Antrag mit der zuständigen Behörde zu sprechen und sich beraten zu lassen. So kann ich vorher erfahren, ob meine Nachweise ausreichen, was mich erwartet usw. Da gibt es in den verschiedenen Bundesländern verschiedene Ansprechpartner_innen, in Berlin ist im Moment Frau Hollatz, Tel: 90229-6040, mail: Cette adresse e-mail est protégée contre les robots spammeurs. Vous devez activer le JavaScript pour la visualiser., zuständig.
  • Nach 1976 bzw. 1990: Diese Straftat muss in den alten Bundesländern nach dem 16. Mai 1976 erfolgt sein und in den neuen Bundesländern nach dem 3. Oktober 1990. (Es gibt eine Härtefallregelung, wenn jemand besonders schwer geschädigt ist.)
  • Kausalität der Schädigung: Aus dieser Straftat muss eine Schädigung entstanden sein. Dieser Zusammenhang muss nachgewiesen werden. Bei körperlichen Verletzungen ist das noch ziemlich einfach, aber bei psychischen Folgen wird es sehr schwierig. Hier können Unterlagen von Therapeut_innen oder Kliniken helfen.
  • Schuldlosigkeit: Ich darf an der Straftat, die mich geschädigt hat, nicht Mitschuld sein. Erst einmal würde wohl jeder sagen, ein Kind ist an der sexualisierten Gewalt nicht Schuld. Aber was ist, wenn das Kind Warnungen nicht befolgt hat, wenn Jugendliche sogar Internetsperren umgehen usw.? Es kann auch bei sexualisierter Gewalt geschehen, dass die Versorgungsämter der Frage der Schuldlosigkeit Bedeutung beimessen. Deshalb muss hier gut dargelegt werden, warum ich schuldlos war.
  • Mithilfe bei Aufklärung: Leistungen nach dem OEG zu erhalten erfordert, dass ich alles getan habe, um zur Aufklärung der Straftat beizutragen. Und hier kommt es zum zweiten Mal zu einer Verknüpfung mit dem Strafverfahren: Im Grunde muss ich nämlich Anzeige erstattet haben, und bei den Ermittlungsbehörden über alles Auskunft gegeben haben. Ich kann bei sexualisierter Gewalt natürlich argumentieren, dass ich z.B. als Kind dazu nicht fähig war und es vergessen oder verdrängt hatte. Dann muss ich aber, falls die Tat nicht verjährt ist, heute Anzeige stellen. Bei verjährten Straftaten sollte ich vorher nachfragen, was genau von mir verlangt wird.

Es ist hier schon deutlich, warum nur wenige Betroffene einen OEG-Antrag stellen und er erfolgreich ist. Es gibt aber noch ein paar weitere Probleme.

Weitere Probleme:

  • Regressforderungen an Täter(innen): Im Prinzip versucht das Landesversorgungsamt, die Täter(innen) in die Pflicht zu nehmen und von ihnen, als Verursacher, das Geld zurück zu bekommen. Es gibt zwar ein Rundschreiben des Bundesministeriums, dass dies in solchen Fällen, wo es für die Betroffenen zusätzliche Belastungen bedeutet und ihnen schaden würde, unterbleiben soll. Aber das ist natürlich Auslegungssache und wird unterschiedlich gehandhabt. Wenn es sich also z.B. um eine_n innerfamiliäre_n Täter(in) handelt und ich nicht will, dass er oder sie davon erfahren, muss ich das deutlich sagen und begründen. Es ist wichtig zu fragen, ob ich das zugesagt bekommen kann.
  • Lange Dauer: Die Verfahren nach dem OEG sind berüchtigt für ihre Länge. Das hat damit zu tun, dass die Behörden versuchen, das Vorliegen der Straftat, die Kausalität der Schädigung und das Ausmaß der Schädigung festzustellen. Und dafür braucht es unendlich viele Unterlagen, Nachfragen, Gutachten, ... und eben auch Zeit.
  • Hohe Quote von gescheiterten Anträgen: Nicht nur wegen der zahlreichen Probleme, die bei sexualisierter Gewalt bestehen, sondern auch weil bei den vielen Nachfragen und der langen Zeit viele Antragstellende irgendwann aufgeben, scheitern sehr viele Anträge.

Es ist also auf alle Fälle sinnvoll, gut beraten und gut vorbereitet und mit einem langen Atem an einen Antrag ran zu gehen.

Was für Leistungen gibt es?

Wenn es um sexualisierte Gewalt geht, sind fünf Arten von Leistungen höchstwahrscheinlich die wichtigsten. Es gibt weitere, die stärker auf körperliche Schädigungen abzielen.

  • Heilbehandlung: Dabei geht es um Therapiekosten und ähnliches, die das üblicherweise von den Krankenkassen finanzierte übersteigen.
  • Beihilfen: Wenn meine Erwerbsfähigkeit durch die Behandlung von schädigungsbedingten Krankheiten eingeschränkt ist, z.B. durch einen oder mehrere längere stationäre Aufenthalt(e), kann ich Zuschüsse bekommen.
  • Ausgleichsrente: Wenn ich aufgrund der Schädigung nur noch ein Einkommen habe, was zur Sicherstellung des Lebensunterhaltes nicht ausreicht.
  • Grundrente: Unabhängig vom Einkommen kann eine Grundrente gezahlt werden. Damit sollen der „Verlust der körperlichen Integrität" und ein nicht genau messbarer Mehraufwand durch die Schädigung ausgeglichen werden. Hierzu wird ein „Grad der Schädigung" festgestellt und danach die Grundrente berechnet.
  • Berufliche Wiedereingliederung: Wer zu Leistungen nach dem OEG berechtigt ist, ist auch zu Leistungen nach dem Bundesversorgungsgesetz berechtigt. Und darin gibt es die Möglichkeit Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben zu erhalten. Das soll der Eingliederung ins Arbeitsleben dienen.

Infomaterial und Beratung

Das klingt nicht nur kompliziert, sondern das ist es ein Stück weit auch. Wir können hier auch nur einen groben Überblick geben. Es gibt eine Reihe von Materialien, in denen weitere Informationen stehen und es gibt die Möglichkeit einer Beratung bei den zuständigen Behörden vor einer Antragstellung.

  • Das Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin hat eine Reihe von Faltblättern zum Thema herausgegeben. Diese sind zu finden unter www.berlin.de/lageso/versorgung/publikationen/index.html
  • Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat eine Broschüre zum Opferentschädigungsgesetz herausgegeben. Sie heißt „Hilfe für die Opfer von Straftaten" und ist auf der Homepage www.bmas.de herunterzuladen.
  • Das Landesamt für Gesundheit und Soziales ist in Berlin für die Anträge nach dem Opferentschädigungsgesetz zuständig. Dort gibt es eine Beratungsgruppe, die anbietet vor der Antragstellung zu beraten.

LaGeSo Beratungsgruppe OEG
Sächsische Strasse 28, 10707 Berlin
Tel: 030 / 90229 6040,
Email: Cette adresse e-mail est protégée contre les robots spammeurs. Vous devez activer le JavaScript pour la visualiser.

Achtung! Vorbehalt!

Grundsätzlich gilt: Das, was wir hier schreiben, ist zwar nach bestem Wissen und Gewissen, kann aber nur ein erster Hinweis sein. Es kann keine fundierte Rechtsberatung ersetzen, die wir im Fall der Fälle dringend empfehlen.

Letzter Eintrag, 07.12.2023
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